Mehrweg-Taschen für den E-Commerce im Trend: Die Fallbeispiele Tchibo und No-boxx

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Mehrweg-Taschen für den E-Commerce im Trend: Die Fallbeispiele Tchibo und No-boxx

Thomas Reiner | 09.08.2023

Das englische Start-up no-boxx hat in UK eine wiederverwendbare (und nachverfolgbare) Versandtasche für den On- und Offline-Handel eingeführt. Tchibo (Deutschland) hingegen testet nun zum zweiten Mal eine eigene Mehrweg-Versandlösung ebenfalls in Form einer Tasche. Der Fakt, dass sich etablierte D2C Unternehmen sowie auch Start- Ups mit dem Trend befassen, zeigt einen Schlüsselfaktor im Verpackungsbereich. Denn der Bedarf für Mehrweglösungen im E-Commerce steigt kontinuierlich. Auch der Vorschlag für die neue Packaging and Packaging Waste Regulation wird in diesem Bereich weiter Druck aufbauen. Pluspunkte wollen no-boxx als auch Tchibo mit ihren Lösungen bei der Reduktion des Einweg-Verpackungsabfalls sowie mit Blick auf die Überverpackung bzw. das transportierte Leervolumen sammeln. Offene Fragen stellen sich vor allem im Bereich der Rückgabe bzw. Rückführung der Mehrwegverpackungen.

 

Das in England ansässige Start-up no-boxx sieht sich nach eigener Aussage auf einer Mission, die Notwendigkeit von Einwegverpackungen zu beseitigen. Stattdessen sollen wiederverwendbare Verpackungslösungen zum Einsatz kommen.

Mit 900 Shops und über 24.200 Depots im Einzelhandel sowie nationalen Online-Shops ist Tchibo eine etablierte Größe. Start-up und Big Player beschäftigen sich aber mit ein und derselben Frage: Wie eine effektive alternative Verpackungs-Lösung nicht nur im E-Commerce angeboten, sondern auch über den stationären Handel zurückgeführt werden kann.

 

Die Mehrweg-Tasche von No-boxx

  • Der wiederverwendbare Beutel besteht aus rPET hergestellt.
  • Die Lösung wird in drei Größen angeboten, um Überverpackung bzw. Leervolumen durch unpassende Verpackungsgrößen zu vermeiden.
  • Nach Angaben von no-boxx kann die Tasche mehr als 20 Mal verwendet werden.
  • Bereits bei der zweiten Verwendung sollen sich die CO2-Einsparungen auf 87 Prozent belaufen.
  • Beschädigte Mehrwegbeutel werden nach Angaben des Start-ups vollständig recycelt und für die Produktion neuer Mehrwegtaschen verwendet.
  • Der Umstieg von Einweg- auf Mehrwegverpackungen soll zudem das Abfallaufkommen reduzieren.

 

Der Tracking-Aspekt

  • Im Fall No-Boxx kann der Lebenszyklus der Mehrweglösung über Codes und eine eigene Webanwendung nachverfolgt werden.
  • Verbraucher und Händler verfolgen über den Code den Status ihrer Lieferung oder Rücksendung.
  • Außerdem verspricht no-boxx eine Visualisierung der positiven Umweltauswirkungen durch die Mehrwegverpackung im Vergleich zur Einweg-Alternative.

 

Knackpunkt Rückgabe

  • no-boxx fordert die Nutzer auf, ihre Verpackung nach jeder Lieferung an den Online- oder stationären Händler zurückzugeben.
  • Dafür hat man eine Partnerschaft mit dem Paketstation-Betreiber „InPost Lockers“ abgeschlossen. Verbraucher können ihre Mehrweg-Beutel dort 24/7 zurückgeben und die Rückgabe über das Scannen eines QR-Codes dokumentieren.

 

Rückgabe bei Tchibo

  • Tchibo testet derzeit 26.000 Mehrwegtaschen aus bis zu 80% recyceltem Kunststoff, die am Ende ihrer Lebenszeit wieder recycelt werden können.
  • Kundinnen und Kunden werden aktuell nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. So ist der Umstieg auf die Mehrweglösung kostenlos und pfandfrei.
  • Bereits 2020 hatte Tchibo die nachhaltige Versandoption im Rahmen des Förderprojektes praxpack vom Umweltministerium für Bildung und Forschung zusammen mit Otto und dem Avocadostore zum ersten Mal getestet.
  • 2022 folgte ein weiterer Testlauf in Österreich, unter anderem mit dm, Thalia, und INTERSPORT. Im Rahmen dieser Phase wurden erste Erfahrungen zu den Shops als Rückgabeort gesammelt.
  • Aber wie kommt die Mehrwegtasche zu Tchibo zurück? Die leere Tüte kann in den Tchibo Shops zurückgegeben oder zusammengefaltet in den Briefkasten geworfen werden. Sofern die Kundinnen und Kunden eine Retoure haben, kann diese wie gewohnt in einer Postannahmestelle abgegeben werden.

 

Grundsätzlich bleibt die Frage, wie stark der „call to action“ am Ende ist. Die Erfahrung zeigt, dass es bei Mehrwegverpackungen ohne Bepfandung schwierig ist, relevante Mengen zurückzuerhalten.

Laut Tchibo war aber die Rücklaufquote bereits 2020 „ausgezeichnet“, und betrug 81 Prozent. Das gibt Grund zur Hoffnung für den nachhaltigen Erfolg des Modells.

Nicht zuletzt wird Tchibos etabliertes Logistik- und- Partner- Netzwerk einen entscheidenden Teil des Erfolgs hinsichtlich der Rückgabe spielen, ein Plus für etablierte Player im Gegensatz zu Start-Ups, welche sich das entsprechende Netzwerk erst aufbauen müssen.

 

Knackpunkt C02 Bilanz bei der Rückführung

Die CO2-Bilanz bleibt hinsichtlich der Rückführung der Mehrweg-Taschen ob durch das InPost Locker-Prinzip von No-Boxx oder das Multichannel-Modell von Tschibo ein Fragezeichen. Dabei ist auch dieser Aspekt für Mehrweg entscheidend. Eine wirkliche Aussage zur CO2-Bilanz lässt sich ohne Kenntnis der verwendeten Energiequelle bei den Transportfahrzeugen und der gefahrenen Kilometer für die Rückführung und Neu-Verteilung nach Reinigung nicht treffen.

 

Mehr Mehrweg

Grundsätzlich aber geht die Lösung in die richtige Richtung – zumindest was die Zielsetzungen der Regulierer angeht. Wer einen Blick in den Vorschlag der EU-Kommission für die neue Packaging and Packaging Waste Regulation wirft, erkennt schnell, dass Mehrweg von der Politik als Königsweg für mehr Nachhaltigkeit auserkoren wurde.

 

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